Texte

Claudia Cosmo

Anlässlich der Ausstellung ANTIATLAS im artspace Rompone,
8. April – 10. Mai 2014 Köln

Wenn man den Begriff ANTIATLAS einmal nicht als Bezeichnung für die südlichste der drei Gebirgsketten des afrikanischen Atlasgebirge verstehen will, sondern als Gegenentwurf und mythologisches Grenzgebiet zur uns bekannten Welt, dann taucht man ein in Andrea Lehmanns malerischen Kosmos.
Lehmanns neue Bildwelt ist voller Monster, da die Düsseldorfer Malerin Halbwesen auf Papier entstehen lässt, die aufgrund ihrer uneindeutigen Zuordnung etwas Unfassbares haben. Gerade weil sie eine Uneindeutigkeit besitzen, halb Mensch, halb Tier oder halb lebendig und halb tot sind, wirken sie ungreifbar. Und vor solchen Monstern fürchtet wir uns.

Lazarus 2014 132x150cm, Öl und Haare auf Papier

Carl Friedrich Schröer

Anlässlich der Ausstellung DIE GANZE GROßE ZAHL in der neuen Galerie Gladbeck 5. September- 30. Oktober 2014,
Tanzbärs letzte Reise
Andrea Lehmanns „Wandermenagerie“ – eine Allegorie auf die Malerei
Der Herr ganz vorne im Bild hat offensichtlich keinen Navi. Wie der sich da in seinem bodenlagen Mantel samt Pelerine, Gehstock und Zylinder vor uns aufstellt und skeptisch fragend zu uns herüberblickt! Völlig verpeilt der vornehme Herr. Offenbar fehlt ihm auch sonst die Orientierung.
Da ist er doch glatt in eine Hochhaussiedlung hineingeraten und hat sein ziemlich aufgedonnertes Pferdegespann auf dem allerletzten Stück Acker zwischen die Wohnsilos kutschiert. Irgendwie scheint ihm seine Verirrung aber allmählich zu dämmern

Wandermenagerie, 2011, 233x150cm, Öl auf Papier

Martin Berke

Anlässlich der Installation TRUST ME , gezeigt im Kunstmuseum Mülheim 2008

Trust me. Gedanken zu einem Weltbild Andrea Lehmanns

1.
„Alte weise Männer sitzen im Kreis und schauen dem Todestanz eines jungen Mädchens zu, das geopfert werden soll, um den Gott des Frühlings günstig zu stimmen.“ Auf dieser Vision, so entnehmen wir Igor Strawinskys Lebenserinnerungen, gründet der Sacre, jenes Ballett, dessen Uraufführung 1913 einen respektablen Skandal entfachte – dieweil sich Jungfrauen damals im Allgemeinen nicht zu Tode tanzten, ja im Grunde überhaupt nicht tanzten, es sei denn auf Debütantenbällen unter strenger Aufsicht lorgnettenbewehrter Altfrauen. Der Sacre stellte einiges in Frage, was dem Abendland bisher lieb und teuer gewesen war. Zuvorderst das Abendland selbst.

die nächsten tausend jahre 07 260×410

Martin Berke

Anlässlich der Installation PFERDE DES KONJUNKTIVS

Gezeigt in der Galerie Gerhard Hofland, Amsterdam 2010

Wer jemals vor – besser gesagt: in einer Installation Andrea Lehmanns stand, wird sie kennen, jene Sogkraft, die ihrer Malerei eigen ist, jene Intensität. Verglichen mit dem, was uns hier umfängt, nimmt sich unser Alltag doch eher schlicht aus. Wir sind hingerissen, zweifelsohne zunächst von der wunderbaren Fülle ihrer malerischen Mittel.

Doch auch das, was Andrea Lehmann malt, nimmt uns unmittelbar ein – wir staunen, ohne recht zu verstehen. Doch indes ahnen wir, dass all das, was wir hier sehen, einen Sinn birgt. Andrea Lehmanns Bilder sind tief, tiefer als der Tag gedacht. Wir gewahren in ihnen etwas Traumhaftes.

Dabei halten wir den Traum mitnichten für schaumigen Schnickschnack, sondern für eine Steigerung des Lebens. Wer kennt ihn nicht, diesen merkwürdigen Vorgang des Erwachens, in dem uns der Traum, und wäre es der allerschlimmste Alp gewesen, noch machtvoll nachhängt?